Streitaxt aus der späten Jungsteinzeit bei Rietze gefunden, Bericht von Thomas Budde

Streitaxt aus der späten Jungsteinzeit bei Rietze gefunden

Ein besonderer archäologischer Neufund gelang in diesem Sommer dem Rietzer Landwirt Heinz Weber beim Kartoffelroden auf dem flachen Ackerland direkt südlich von Rietze, in der Nähe der Erseniederung. Es handelt sich um eine sorgfältig geschliffene Axt aus schwarzem Gestein. Durch Vermittlung von Ortsheimatpfleger Hans Werner Fricke hat der Fund bereits eine feste Bleibe im Edemisser Rathaus, dem Archiv des Heimat- und Archivverein Edemissen e.V. (HAV-E 1982) gefunden.

Finder Heinz Weber (links), mit der Axt in der Hand, und Ortsheimatpfleger Hans-Werner Fricke vor dem flachen Acker südlich von Rietze, wo der Fund beim Kartoffelroden entdeckt worden ist.

Die wissenschaftliche Auswertung ergab, dass es sich um ein sehr interessantes Stück handelt, nämlich eine „Gemeineuropäische Hammeraxt“, eine Art Urform der für die späte Jungsteinzeit typischen Streitäxte. Sie datiert in die Zeit um 2800 v. Chr. Erhalten ist jedoch nur der Vorder- bzw. Schneidenteil der Axt. Der fehlende Hinter- bzw. Nackenteil war  in der Regel als runder, stumpf endender Hammer ausgebildet. Bemerkenswert ist der sorgfältige und präzise Schliff mit Nachahmung einer Gussnaht kupferner Vorbilder.

Die Axt ist wie so häufig im Schaftloch gebrochen. Es wurde dann eine zweite, etwas asymmetrische Schaftlochbohrung durchgeführt. Diese ist im Gegensatz zur ersten Bohrung nicht mehr als exakt konische Hohlbohrung, sondern als Vollbohrung mit sanduhrförmigem Querschnitt ausgeführt. Der Zweitverwender – wann immer er auch die zerbrochene Axt bearbeitet hat – beherrschte also die fortschrittlichere Bohrtechnik nicht mehr. Bei der Hohlbohrung wurde ein hohler Röhrenknochen oder auch Holunderstab unter Verwendung von Quarzsand als Bohrmehl an einer Bogensehne rotierend langsam in den Stein getrieben, bei der Vollbohrung nur ein einfacher Holzstab.

Die Gemeineuropäischen Hammeräxte gehören in die Frühphase der sog. Einzelgrabkultur, die wiederum zu den schnurkeramischen Kulturen zählt. Typisch waren neben Streitäxten  große schnurverzierte Becher. Beides  wurde bei Ausgrabungen oft zusammen als Grabbeigabe gefunden, allerdings sind die wenigen Peiner Funde bisher ausschließlich zusammenhanglos als Lesefunde aufgetreten. Unser Gebiet gehört zum Südrand der bis in den Nord-Ostessraum reichenden Einzelgrabkultur. Sie folgte der Trichterbecherkultur mit ihren Kollektivbestattungen in Großsteingräbern. Häufig wurden die Großsteingräber weiter verwendet, doch wurde, wie der Name schon sagt, einzeln bestattet, auch unter Grabhügeln oder wie heute in einzelnen Flachgräbern.

Trotz der als Statussymbol geltenden Streitäxte scheint es sich um friedliche Ackerbauern gehandelt zu haben, die sich übrigens laut archäologischen Nachweis in Dänemark, schon auf das Bierbrauen verstanden haben.

Kontakt: Thomas Budde M.A. – Archäologe –
Im kleinen Hope 31,
31234 Edemissen-Abbensen, Tel.: 05177-985345

Beigefügte Abbildungen (alle Fotos vom Verfasser):

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Draufsicht der Steinaxt, imitierte Gussnaht kupferner Vorbilder gut zu erkennen

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