Feldbegehung – Wüstung Dierse und Im Lah

Ergebnis der Feldbegehungen des HAV-E 1982 e. V. Edemissen am Sonntag, 19. März 2017 in Zusammenarbeit mit dem Archäologen Thomas Budde M.A.

Einleitung durch Reinhard Bartels, 1. Vors. des HAVE e.V.
Zielstellung und Ergebnisse

Archäologische Feldbegehungen sind eines der wichtigsten Mittel, unbekannte Siedlungsplätze aus der Vorgeschichte und dem Mittelalter nachzuweisen. Im Landkreis Peine sind insbesondere in den 1950er bis 70er Jahren zahlreiche Fundplätze dadurch entdeckt worden, vor allem durch die Heimatforscher Fritz Rehbein und Dietrich Oelke. Sehr viele sind allerdings schwer anzusprechen, weil Fundmenge oder Größe der begangenen Flächen nicht ausreichen, um sichere Aussagen zu machen.

Ziel der Veranstaltung war, zwei ausgesuchte, noch problematische Fundstellenbereiche am oberen Flöthe- (Schwarzwasserquellbach) und Schwarzwasserlauf, d. h. südlich von Edemissen aufzusuchen und nach mehr als einem halben Jahrhundert neu zu erkunden.

Dier erste Fundstelle war der Bereich der mittelalterlichen Wüstung „Dierse“ in der südlichen Gemarkung von Mödesse, westlich des Mödesser Hofes. Der 1572 wüst genannte Ort gelangte später unter Wald, das bis ins 19. Jh. nachweisbare „Dierse-Holz“.

Südlich davon lag die „Dierse-Wische“ (Wiese) der alten Feldmark von Dierse. 1964 gelang der Fundnachweis durch Rehbein, und zwar auf dem Südwesthang über der Flöthe. Es war aber zu vermuten, dass Dierse einst größer war und sich auf den gesamten südlich anschließenden Westhang erstreckt haben könnte. Genau diese noch nie begangene Fläche stand für die Feldbegehung am Sonntag zur Verfügung, während die Rehbein-Fundstelle unter Bewuchs lag.

 

 

Karte nach Friedrich Brandes (1963) mit vermuteter Lage der Wüstung Dierse (Flurstück „Flachsworth“) . Die Vermutung wurde durch die Feldbegehungen bestätigt und mehr noch auf um den südlich anschließenden Hangbereich erweitert.Es stellte sich durch die ¾ stündliche Begehung ein voller Erfolg ein. Auf dem gesamten Hang fanden sich geborstene Herdsteine als unverkennbarer Siedlungsanzeiger.

 

Aber auch die für den Nachweis benötigten mittelalterlichen Keramikscherben stellten sich ein, nämlich mehr als 100 Gefäßfragmete, die je etwa zur Hälfte aus dem frühen bis hohen Mittelater (ca. 800 – 1200 n. Chr.) und dem späten Mittelalter (1200 – 1500) stammen. Erfreulich wart auch der Nachweis örtlicher, sicher mit Dierse zu verbindender Eisengewinnung durch einige Schlacken und Roheisenstücke („Luppen“) aus mittelalterlichen Rennfeueröfen. Verhüttet wurde hier der Raseneisenstein, der in den anschließenden sumpfigen Niederungen zu finden war.

Die zweite begangene Fundstelle liegt auf dem oberen Schwarzwasserhang in der südwestlichen Edemisser Feldmark. Der Flurname „Im Lah“ („In der Lade“) zeigt – neben historischen Karten – dass auch dieses Gebiet bis ins 19. Jh. dicht bewaldet war. 1966 konnte hierdurch Oelke und Rehbein ein Fundplatz entdeckt werden, der zunächst auch als mittelalterliche Wüstung galt. Die knapp 500 Keramikscherben wurde erst viel später durch Thomas Budde bei der archäologischen Landkreisinventarisation ausgewertet und in die späte Bronzezeit bis frühe Eisenzeit (800 bis 600 vor Chr.) datiert.

 

Bei ebenfalls dreiviertelstündiger Begehung konnte dieser vorgeschichtliche Siedlungsplatznun nach einem halben Jahrhundert Unterbrechung wiederentdeckt werden. Es wurden 101 Keramikscherben und zwei Feuersteinartefakte aufgelesen. Selbstverständlich war es nicht, dass diese Fundstelle überhaupt noch Funde liefert, weil die vorgeschichtliche Keramik sehr viel gröber und weicher ist als die mittelalterliche. Diese Entdeckung zeigt, dass auch solche sehr alten Siedlungsplätze immer noch mit Gewinn durch Feldbegehungen neu erkundet oder neu entdeckt werden können.

Thomas Budde M.A., Abbensen, 19. März 2017